Schmuck fasziniert die Menschheit schon seit Jahrtausenden. Dabei wurden nicht immer nur Gold und Diamanten verarbeitet, sondern auch Materialien, deren materieller Wert nicht wesentlich zählt, dafür aber eine kunstfertige Herstellung erlauben.
Jet oder Gagat ist eine Form versteinerter Kohle, die aufgrund ihrer guten Schnitzbarkeit, dem seidigen Glanz und vor allem der geringen Dichte wegen früher gerne für üppige Schmuckzwecke verarbeitet wurde.
Bereits die alten Römer stellten Schmuck, Spinngeräte sowie Amulette aus Jet her. Ihm wurde auch eine Menge heilender Eigenschaften zugeschrieben. So soll er zum Beispiel vor bösen Blicken bewahren und gilt als Schutzstein gegen Trauer. Ab dem Mittelalter fertigte man in Europa vorwiegend Trauerschmuck daraus, welcher in der viktorianischen Zeit die Hochblüte erlebte.
Trauerschmuck wurde unglaublich populär, als Queen Viktoria 1861 - nach dem Tod ihres geliebten Prinzengmahls Albert - nur noch Trauerschmuck mit den zugehörigen Accessoires trug. Am englischen Hof verbot sie gar das Tragen von farbigen Schmuckstücken. Einzig erlaubt war schwarzer Schmuck, der damals vorwiegend aus Jet hergestellt wurde.
Heute würde man sagen, dass Queen Viktoria eine Influencerin für eine ganze Zeitepoche war. Sie verhalf dabei dem Jetschmuck zu einem regelrechten Hype.
In England lebte eine ganze Industrie davon. Das Hauptvorkommen eines besonders hochwertigen Jets lag an der englischen Nordküste, nahe dem Fischerdorf bei Whitby. Von dort aus traten Schmuckstücke den Weg nach Europa und Amerika an, bis um die Jahrhundertwende die Nachfrage danach sank.
In den 1920er Jahren, mit dem Art Déco, kam die Farbe schwarz wieder in Mode. Und als im Jahre 1926 Coco Chanel das berühmte «kleine Schwarze» entwarf, war schwarz fortan wieder der Inbegriff von gutem Geschmack. Dieser Trend verhalf auch dem Jetschmuck zu einem neuen Image.
Die Verwendung von Jet als Schmuckstein ist also alles andere als neu. Aber gerne lassen wir uns neu inspirieren von alten Materialien, um einzigartiges und überraschendes zu schaffen. Und um vielleicht eine neue Blütezeit des mystischen Materials hervorzurufen.
Jet, Jett oder Gagat hat es meiner Meinung nach verdient, einen besonderen Platz in der Welt der Mode und des Schmucks zu erhalten.
Autorin: Nicole Braun, Goldschmiedin